Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern

Innerhalb eines laufenden Arbeitsverhältnisses gibt es eine ganze Reihe von möglichen Streitpunkten und Unklarheiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Kann ich wegen Krankheit gekündigt werden? wann verfallen meine Urlaubstage? Darf ich private Telefonate am Arbeitsplatz führen? Nicht alle dieser Fragestellungen sind klar vom Gesetzgeber geregelt worden. Aus diesem Grund gilt es für Arbeitnehmer bestimmte Urteiler des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls dem Grunde nach zu kennen, um die eigenen Rechte und Pflichten einordnen zu können.

 

1./  Kündigung des Arbeitsvertrages wegen Krankheit

Eine häufig gestellte Frage betrifft die Möglichkeit des Arbeitgebers, einen ggf. längerfristig erkrankten Arbeitnehmer zu kündigen. Diese Frage stellt sich insbesondere in Unternehmen, welche aufgrund der Zahl Ihrer Arbeitnehmer unter das sog. Kündigungsschutzgesetz fallen. In diesen Unternehmen bedarf die Kündigung eines Arbeitnehmers grds. eines Kündigungsgrundes. Die Frage ist demnach, ob eine (längerfristige) Erkrankung einen derartigen Kündigungsgrund darstellt.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung au den 90er-Jahren bereits geurteilt, dass die dauerhafte Erkrankung eines Arbeitnehmers jedenfalls dann einen Kündigungsgrund darstellen kann, wenn es keine positive Genesungsprognose gibt, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit also nicht gegeben ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber nachweißt, dass es aufgrund der dauerhaften Erkrankung des Arbeitnehmers zu betrieblichen Beeinträchtigungen kommt (BAG, Urt. v. 29.04.1999, 2 AZR 431/98). Die Kündigung des konkreten Arbeitnehmers setzt dann zusätzlich eine Sozialauswahl zwischen ihm und weiteren, vergleichbaren Arbeitnehmers des gleichen Unternehmens voraus. Im Einzelfall lohnt sich eine rechtliche Prüfung und ggf. eine Kündigungsschutzklage.

 

2./ Verfall von Urlaubsansprüchen

Ein weiteres leidiges Thema für viele Arbeitnehmer ist der Verfall ihrer Urlaubstage mit Ablauf eines bestimmten Zeitpunkts. Die Frage der Zulässigkeit des Verfalls von Urlaubstagen hat im Jahr 2018 der Europäische Gerichtshof entschieden. Dabei urteilten die Richter, dass ein verfall mit Ablauf einer Frist (bspw. zum Jahresende) nicht ohne weiteres zulässig ist. Vielmehr ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer dazu aufzufordern, den Urlaub zu nehmen. Nur wenn der Arbeitgeber dies nachweist und der Arbeitnehmer trotz Aufforderung und der tatsächlichen Möglichkeit, den Urlaub zu nehmen, darauf verzichtet hat, verfallen Urlaubsansprüche (EuGH, Urt. v. 06.11.2018, C 619/16).

 

3./ Überwachung von Mitarbeitern

Die Überwachung von Mitarbeitern durch den Arbeitgeber ist in Zeiten zunehmender Technisierung ein immer häufiger auftretendes Problem. Nicht selten werden Erkenntnisse, die der Arbeitgeber aus der Protokollierung der Internetaktivitäten des Arbeitnehmers gewinnt später als Kündigungsgrund verwendet. Dies ist nicht ohne weiteres Möglichkeit. Nach einem aktuellen urteil des Bundesarbeitsgerichts ist eine zeitlich unbegrenzte Überwachung von Arbeitnehmern, ohne konkreten Verdacht bzw. Anlass unzulässig (BAG, Urt. v. 27.07.2017, 2 AZR 681/16).

 

4./ Private Telefonate am Arbeitsplatz

Viele Arbeitnehmer nutzen kurze Phasen während der Arbeitszeit dazu auch private Telefonate zu führen. Dies reicht von kurzen Abstimmungstelefonaten mit dem Ehepartner über Terminvereinbarungen für private Termine bis hin zu längeren Ferngesprächen mit Freunden und Verwandten. Doch sind derartige Privatgespräche am Arbeitsplatz bzw. während der Arbeitszeit erlaubt oder möglicherweise ein Kündigungsgrund?

Dies hängt maßgeblich von zweierlei Faktoren ab. Sind derartige Privatgespräche ausdrücklich untersagt, können Verstöße zu einer Abmahnung und einer anschließenden Kündigung im Wiederholungsfall führen. Wenn Privattelefonate nicht ausdrücklich untersagt sind, so hängt die Zulässigkeit von ihrem Umfang ab. Ferngespräche über längere Zeiträume sind dabei unzulässig und können zu einer Kündigung führen (BAG, Urt. v. 04.03.2004, 2 AZR 147/03).

 

5./ Radiohören am Arbeitsplatz

Das Hören von Radiosendungen während der Arbeitszeit bzw. am Arbeitsplatz war Auslöser eines Gerichtsprozesses in den 1980er Jahren. Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber ein solches Verhalten verbieten kann. Das Bundesarbeitsgericht urteilte seinerzeit, dass eine Untersagen des Hörens von Radiosendungen in einem Unternehmen mit Betriebsrat, nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich ist. Maßgeblich war für die Bundesrichter jedoch insbesondere, ob durch das Radiohören die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird (BAG, Beschluss v. 14.01.1986, 1 ABR 75/83). Auch hier dürfte gelten: Eine Einzelfallprüfung auf Seiten des Arbeitgebers kann zu einem anderen Ergebnis führen, insbesondere wenn das Radiohören die Arbeitsleistung  -ggf. auch anderer Arbeitnehmer-  stört.

 

6./ Umkleidezeit als Arbeitszeit

Für viele Arbeitnehmer gilt am Arbeitsplatz die Pflicht zum Tragen einer bestimmten Arbeitsbekleidung. Dies gilt für das Personal im medizinischen Bereich ebenso wie für viele Arbeitnehmer mit Kundenkontakt im Einzelhandel. Je umfangreicher die Arbeitsbekleidung ausfällt, desto längere Zeit nimmt das Umziehen vor und nach der Arbeit in Anspruch. Doch zählt die Umkleidezeit als Arbeitszeit?

Das Bundesarbeitsgericht hat dies in einer aktuellen Entscheidung aus dem Jahr 2016 bejaht und zwar für den Fall, dass das Tragen der Arbeitsbekleidung vom Arbeitgeber vorgeschrieben wird (BAG, Urt. v. 26.10.2016, 5 AZR 168/16).

 

7./ Schadenersatzanspruch bei verspäteter Lohnzahlung

Es ist ein besonderes Ärgernis für viele Arbeitnehmer: Der Lohn wird verspätet ausgezahlt. Es stellt sich sodann häufig die Frage, ob dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ein Schadenersatzanspruch in diesem Fall zusteht. Grundsätzlich gilt im deutschen Schadensrecht: Nur wer einen Schaden nachweist, hat Anspruch auf entsprechenden Schadenersatz. Nur in Ausnahmefällen gibt es sogenannte Schadenersatzpauschalen. Das Bundesarbeitgericht hat in einer aktuellen Entscheidung klar gestellt, dass die gesetzliche Schadenersatzpauschale aus dem BGB im Arbeitsrecht nicht gilt (BAG, Urt. v. 25.09.2018, 8 AZR 26/18). Demnach sind entstandene Schäden, die kausal auf der verspäteten Lohnzahlung basieren im Einzelfall nachzuweisen und nur dann auch ersatzfähig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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